110.000 EURO FÜR EINE TULPE – DER SKURRILSTE SPEKULATIONSWAHN DER GESCHICHTE
Es gab eine Zeit, da waren Tulpen zweihundert mal teuerer als... Gold.
Dass alleine ist schon komplett verrückt.
Aber, dass die größte Nachfrage auch noch nach kranken Tulpen war, ist schier unvorstellbar.
Und für uns heute ganz normal. Wenn sie im Frühling zaghaft ihre Köpfchen durch die noch kalte Erde stecken und das nächste Gartenjahr ankündigen. Als wären sie schon immer da gewesen.
Danceline – nicht ganz so selten wie eine Tulpe damals, aber auch heute noch eine Rarität.
Das stimmt nicht. Tulpen mussten einst einen weiten Weg zurücklegen, bevor sie in unseren Beeten heimisch wurden. Auf Kamelrücken und in Eselskarren kamen die wilden Vorfahren unserer Tulpen ursprünglich aus Asien auf der Seidenstraße Richtung Westen.
Von der Lâle zur Tulpe
Sie kamen nur langsam voran und machten einige Jahrhunderte Station in der Türkei. Dort brachte es die seltsame Zwiebel aus dem fernen Osten bereits im 12. Jahrhundert zu frühem Rang und Namen. Sie schmückte die Gärten der oberen Zehntausend und als Kunstmotiv Fliesen, Kleidung, Briefpapier und sogar Waffen. Tulpen wurden zum Symbol osmanischer Herrscher. Aus ihrer Blütezeit in der Türkei stammt vermutlich auch ihr heutiger Name. Der Franzose Ogier Ghislain de Busbecq, der im 16. Jahrhundert in seiner Funktion als Diplomat das Osmanische Reich besuchte, war erstaunt über die Allgegenwart dieser Blume. In Unkenntnis der türkischen Sprache bezeichnete er sie in seinen Reiseberichten als „Tülbent“ – eine folgenschwere Verwechslung, denn das heißt eigentlich „Turban“, den viele Männer damals mit einer Tulpe verzierten. So wurde aus der türkischen „Lâle“ (der eigentliche Name der Tulpe) das neue Wort „tulipa“ und schließlich die heute bekannte „Tulpe“.
Mit ein paar Samen und Zwiebeln im Gepäck machte sich de Busbecq auf die Reise zurück nach Europa. Sein Mitbringsel gab er in professionelle Hände: in die des niederländischen Botanikers und Professors Carolus Clusius, mit dem sie Ende des 16. Jahrhunderts nach Holland gelangten.
Und dann begann der Irrsinn.
Dass die edlen Gewächse bald einen regelrechten Hype auslösen würden, konnte er damals noch nicht ahnen. Sie war äußerst dekorativ und selten. Beides, vor allem ihre Seltenheit, machte sie rasch zu beliebten Sammlerstücken. Jeder wollte Tulpen haben, nicht jeder konnte sie kriegen. Zwar schossen die Tulpenzüchtereien aus dem sandigen holländischen Boden – die ideale Voraussetzung für den Anbau – doch dauert es bis zu sieben Jahre, bis aus den Samen eine Pflanze wird.
Tulpen wurden zum Statussymbol, die wenigen Exemplare wurden zum Teil nachts aus den Gärten geklaut, und die Preise für Tulpenzwiebeln kletterten in astronomische Höhen. 1624 kostete eine Zwiebel 1200 Gulden – ein Luxus, mit dem nun wirklich nicht jeder seinen Vorgarten bestücken konnte, wenn man bedenkt, dass das durchschnittliche Jahreseinkommen nur etwa 150 Gulden betrug.
Auch Crunchy Cummins hätte bestimmt die Preise damals in die Höhe steigen lassen.
Aber das war erst der Anfang. Die Preise verdoppelten sich, und obwohl in der Zwischenzeit längst genug Ware vorhanden war, stieg die Nachfrage weiter an. Viele witterten in dem Geschäft mit den Tulpen auch das ganz große Geld, sie wurden zum Spekulationsobjekt. Schon längst wurde nicht mehr nur mit Tulpenzwiebeln gehandelt, man verkaufte auch schon Anwartschaften auf die Keimlinge, die aber erst in ferner Zukunft als Pflanzen lieferbar gewesen wären – das Ganze lief vollends aus dem Ruder und aus dem Handel mit der begehrten Blume entstand 1635 eine riesige Blase: die Tulpenmanie.
Auf dem Höhepunkt des Spekulationswahns lag der Preis für eine Tulpenzwiebel bei unfassbaren 10.000 Gulden, umgerechnet circa 110.000 Euro. 1633 wurde ein ganzes Haus für drei Zwiebeln verkauft. Fast nicht vorstellbar, wenn man bedenkt, dass ein Bund Tulpen heute im Supermarkt nur wenige Euro kostet. Die Preise wurden anhand des Gewichts festgelegt, schwankten aber je nach Standort der jeweiligen Tulpenbörse. Und so manche Zwiebel wurde an einem Tag mehrmals weitergereicht – als Wertobjekt.
Ganz besonders hoch war das Interesse für geflammte Tulpen mit melierten Blütenköpfen. Was damals allerdings keiner wusste: die Tulpen verdankten ihr Aussehen dem Mosaikvirus und waren krank.
Klassische Form und wunderschöne Farbgebung: Marit
Genauso schnell, wie der gigantische Handel mit den Tulpenzwiebeln an Fahrt aufgenommen hatte, legte sich der Boom 1637 aus unbekannten Gründen wieder. Die absurden Preise wurden nicht mehr akzeptiert, die Blase platzte. Existenzen waren zerstört, die Schulden in einem Leben kaum rückzahlbar. Und die Tulpen durften wieder einfach nur das sein, was sie ursprünglich mal waren: wunderschöne Blumen in vielen verschiedenen Farben und Formen.
Aber Holland ist bis heute das Land der Tulpen geblieben.
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Dream Touch zusammen mit Mariage
Quellen:
„Tulipmania: Money, Honor, and Knowledge in the Dutch Golden Age“, Anne Goldgar
"Tulpen 50 Sorten im Porträt", Jane Eastoe
Fotos: Seila Malo, FAM Flower Farm, Sarah Stiller
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